Ausgabe #5 Mission: Impossible Rogue Nation

Regie: Christopher McQuarrie
Drehbuch: Christopher McQuarrie, Drew Pearce
Besuchte Städte: Minsk, London, Wien, Casablanca
Wird Ethan Hunt abtrünnig: Ja

Ich verbinde mit Rogue Nation vor allem den hervorragenden Soundtrack von Joel Kramer. Er ist mein Hilfsmittel der Wahl, wenn es darum geht, repetitive und lästige Aufgaben zu erledigen. Er integriert Melodien aus den Vorgängern am besten und wird für mich nicht übertroffen. Zumindest habe nicht das Bedürfnis, die Musik außerhalb des Kontextes des Filmes zu hören.
Rogue Nation ist sehr unterhaltsames Aktion Kino, dass nicht verstärken braucht, aber erreicht für mich nie die Höhen von Ghost Protocol und Fallout, teilt aber das Antagonisten Problem des Franchises.
Der größte Erfolg ist die Einführung von Ilsa Faust (Rebecca Ferguson). Sie ist die Beste aller weiblichen Charakteren, die vorher nie mehr als einen Film überlebt haben und im nächsten wieder ausgetauscht wurden. Sie ebenso fähig wie Ethan, ist immer in Kontrolle und weiß sich und anderen zu helfen. Zudem hat sie ein eigenständiges Ziel, dass über die Pläne von Ethan hinausgehen. So will ich sie von MI6 rehabilitiert werden, indem sie die finanziellen Mittel von Solomon Lane (Sean Harris) und The Syndicate an die Briten übergibt. Dazu muss sie mit Ethan und Solomon jeweils ein doppeltes Spiel gegen ihren Willen spielen. Dabei wird aufgezeigt, wie entbehrlich die Agenten von ihren Vorgesetzten betrachtet werden. Ihr Leben ist nur so wertvoll, solange sie nützlich sind. MI6 und CIA stellen über den gesamten Film hinweg ein Hindernis dar. The Syndicate wurde im Auftrag vom MI6 Direktor gegründet, damit der britische Prime-Minister einen unbeaufsichtigtes Agentennetzwerk hat, dass er ohne jede demokratische Kontrolle einsetzen könne. Was soll da schon schiefgehen.
*Rogue Nation* ist sehr unterhaltsam. Benji (Simon Pegg) und Ethan besuchen die Wiener Oper, wo Agenten ihr Scharfschützengewehr als eine ein Musikinstrument tarnen und ein Laptop wie ein Programmheft aussieht. Was will man mehr! Und dann auch noch Faustkampf über der Opernbühne und ich kann nicht glücklicher sein. McQuarrie versucht sich auch in der Tradition von M:I einzureihen, indem er uns eine komplexe Einbruchszene bietet. Mal davon abgesehen, dass Gebäude nur als Puzzelbox existiert, um dort einzubrechen und ansonsten absoluter Schwachsinn ist (ein Kompliment), funktioniert die Sequenz mäßig für mich. Es kommt für mich einfach nicht die Spannung auf, die Brian De Palma so gemeistert hat.1 Doch die darauf folgende Verfolgungsjagd ist ein klarer Triumph. Dabei weiß ich vor allem das Ende der Sequenz zu schätzen: Nachdem Ethan jedes Hindernis überwunden hat, um zu Ilsa zu gelangen, stellt sich einfach mitten auf die Straße, sodass plötzlich beiseite fahren muss und stürzt. Sie hat ihn der kurzen Zeit durchschaut und verstanden, wie er denkt, sodass sie entkommen kann.
Doch danach müssen wir uns vor allem mit dem Ursprung von Solomon Lane beschäftigen und der Film beginnt mein Interesse zu verlieren. Ich habe zwei Probleme mit Lane: Ich bin kein Fan von Sean Harris‘ Darbietung, seiner Flüsterstimme und seinem Buchhalter Look. In keiner Szene habe ich Respekt vor ihm. Des Weiteren spreche viele Charaktere lange über seine Motivation für The Syndicate und es bleibt trotzdem super vage und sinnfrei. The Syndicate ist die niederträchtige Gegenversion zu IMF, die den Status Quo verändern wollen, indem sie Terrorakte begehen wollen. Was deren Kritik am Status Quo ist und welche neue Weltordnung durch das Töten von Zivilisten erreicht werden soll, wird nicht einmal angedeutet. Die Aufträge, die Lane vom MI6 erhalten hat, sind der Grund, warum er die Organisation hasst. Warum er als Rache dafür Flugzeuge in die Luft sprengen muss, ist über mein psychologisches Verständnis. Der Antagonist ist damit für mich fundamental leer. Als Zuschauer habe Sympathie für die Agenten, weil sich das MI6 und CIA als undankbare Partner entlarven, die ihre eigenen Leute sofort hintergehen. Jedoch kann CIA Chef Alan Hunley (Alec Baldwin) durch Ethans Kompetenz und Daredevil Energie überzeugt werden.2 Wenn man schon so wenig Interesse an der Motivation des Antagonisten hat, dann sollte man weniger Zeit damit verbringen.
Ich habe mit Rogue Nation meinen Spaß, mit der Einschränkung, dass er nie die Höhen für mich erreicht wie sein Vorgänger und Nachfolger.

  1. Vielleicht bin ich unfair, weil ich den Film kurz nach Ghost Protocol geschaut habe, der eine witzige und kreative Variante probiert hat. Ich erkenne Cruises physische Leistung an und gleichzeitig lässt mich etwas kalt.
  2. Ich finde das Verhältnis zu der IMF und CIA recht faszinierend. Beide verraten die Helden in quasi jedem einzelnen Film, aber die Konklusion ist immer, dass sie über die Richtigkeit der Mission überzeugt werden können und am Anfang oder Ende des Films sind sie wieder Verbündete, aber nie eine Hilfe.

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