Ausgabe #2 Mission: Impossible II

Regie: John Woo
Drehbuch: Robert Towne
Städte: Sydney, Sevilla
Wird Ethan Hunt abtrünnig: Nein
Nun sind wir bereits an dem Punkt angekommen, wo wir auf Stolpersteine stoßen. Mission: Impossible II ist vor allem langweilig und recht unausgeglichen. Der Film ist unterhaltsam in den ersten 15 Minuten und müssen die Zuschauer auf die letzten 20 Minuten warten, bevor sie wieder auf Qualität treffen.
M:I 2 bricht mit seinem Vorgänger und verlässt völlig das gelegte Fundament. Ethan Hunt ist jetzt Macho-Man: Er trägt Sonnenbrillen, macht Extremsport, fährt Motorrad, hat Sex und lässt keine Gelegenheit für einen Dropkick aus. Er ist im Grunde ein völlig anderer Charakter. Nachdem er sein gesamtes Team im vorherigen Film verloren hat, scheint er jetzt allein zu arbeiten. Seine Interaktionen mit Luther sind auf ein Minimum begrenzt, und mit dem neuesten Mitglied interagiert er quasi gar nicht. Stattdessen ist seine gesamte Aufmerksamkeit auf Nyah (Thandiwe Newton) gerichtet.
Nyah ist eine Diebin und die Ex-Freundin von Sean Ambrose (Dougray Scott), der den extrem tödlichen Virus „Chimära“ gestohlen hat. Jedoch spielt ihr Geschick, Wertgegenstände zu entwenden, kaum eine Rolle. Stattdessen ist ihre einzige Funktion zu ihrem Ex zurückzukehren, damit Ethan Hunt seinen Plan erfährt, und sexy auszusehen. M:I 2 versucht an dieser Stelle, eine eigene Version von Alfred Hitchcocks Notorious zu erzählen. Das Problem: John Woo hat keinerlei Interesse daran, die Szenen in irgendeiner Weise interessant und spannend zu präsentieren, es dauert ewig offenzulegen, dass Sean den Virus verkaufen will, es ist recht langweilig und ohne jegliche Energie oder Spannung.
Es hilft nicht, dass der Antagonist eine nasse Kartoffel ist. Er ist an keiner Stelle angsteinflößend oder fordert Respekt vom Zuschauer ein. Auch stellt er im Kampf auch keine wirkliche Herausforderung dar. Sean Ambrose soll die böse Version von Ethan Hunt darstellen, was dadurch verdeutlicht wird, dass er ständig dessen Gesicht als Maske trägt und während des letzten Kampfes genauso gekleidet ist wie er. Gibt es sonst irgendwelche Parallelen oder Ähnlichkeiten? Nein. Wird daraus irgendetwas gestrickt? Auch nein. Genauso wie im ersten Mission: Impossible will Sean einfach nur Geld mit seinen Verbrechen machen, doch hier ist der Plan etwas komplizierter: Er will den Chimära Virus an die Firma verkaufen, die ihn hergestellt hat (?), geleitet von Brendan Gleeson. Dieser will das Virus auf die Zivilbevölkerung von Australien loslassen, damit sie von ihm das Gegenmittel kaufen und so eine künstliche Nachfrage erstellen, damit das Unternehmen die Gewinne einfährt und der Aktienpreis in die Höhe springt. Sean will deswegen für den Virus Anteile an dem Unternehmen erhalten. Ich kann diese Motivation für einen Antagonisten wertschätzen und finde, wir brauchen wieder mehr Schurken, die einfach wohlhabend werden wollen. Die Welt ist reich mit solchen Personen. Der Nachteil ist, dass ich lange Zeit mit ansehen muss, wie sich Charaktere über Aktienanteile und deren Preise unterhalten und wie Geld über einen Laptop überwiesen wird.
Ich frage mich, warum all diese Elemente in einem John Woo Film sind, der ein Aktion-Regisseur aus Hongkong ist. Fast die gesamte Aktion findet in den letzten 30 Minuten statt und waren offenbar das Ergebnis von Reshoots. John Woo versucht sich hier in seiner eigenen Einbruchsszene und fällt völlig auf die Nase, weil sie langweilig und halbherzig ist. Erstens ist der Einbruch viel zu einfach und nur eine Frage des Timings bevor sich die Öffnung schließt. Der darauffolgende Schusswechsel besteht fast nur daraus, dass sich Charaktere hinter einer Deckung verstecken. Dafür kann Woo am Ende seinem eigentlichen Interesse nachgehen. Wir haben alles Herz begehrt: Tauben, Pistolen im Sand, Autos werden mit Raketenwerfern aus einem Helikopter abgeschossen, Leute fahren mit Motorrädern im offenen Straßenverkehr während sie aufeinander schießen und tatsächliche Explosionen. Ich frage mich, warum hat es so lange gedauert, bis wir an diesem Punkt gelandet sind? So ist der Film eine fehlgeformte Mutation bei der kein Körperteil zu dem anderen passt.

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